Hunde- und Katzenernährung

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Bitterer Beigeschmack

Giftiger Süssstoff

 

Viele Lebensmittel enthalten den Zuckerersatzstoff Birkenzucker – Pentanpentol oder auch Xylitol genannt. Was ihn für Diabetiker wertvoll macht, ist für Hunde extrem gefährlich.

Quelle: Wild und Hund 24/2018, Geschrieben von: Dr. med. vet. Heike Hesse und Thomas Fuchs

 

Es ist erst kurze Zeit her, da erhielten Tausende Hundefreunde und Tierhalter über WhatsApp und soziale Netzwerke eine Warnung. Der Grund: Ein Hund namens «Jolie» war an einer Xylit-Vergiftung gestorben. «Jolie hatte etwas vom Geburtstagskuchen stibitzt», schrieben ihre ehemaligen Besitzer in der Nachricht. Und der war mit Zuckeraustauschstoff gesüsst. Dass der für Hunde eine tödliche Gefahr bedeuten kann, wussten sie nicht, und darum wollten sie alle Hundefreunde vor diesem Stoff warnen. Tausende leiteten die Nachricht weiter, damit im Fall des Falles möglichst viele Vierläufer nach einer Vergiftung gerettet werden können.

Harmloser Hintergrund

Xylit – oder auch Xylitol – ist ein Zuckeralkohol, der in Früchten, wie Himbeeren, Pflaumen, Gemüse oder Maiskolben, vorkommen. Industriell wird er aus Stroh, Getreide Kleie und faserigen Rückständen der Zuckergewinnung aus Zuckerrohr hergestellt. In der Birke – wie manche Unternehmen mit der wohlklingenden Bezeichnung Birkenzucker suggerieren möchten – kommt er natürlicher weise erst einmal nicht vor. Aus ihrem holz lässt sich lediglich die Vorstufe gewinnen: Xylane, aus denen in einem weiteren technischen verfahren Xylitol entstehen.

Gegenüber gewöhnlichem Haushalszucker enthält Xylitol wesentlich weniger Kalorien und verursacht keine Karies – darum wird es häufig kalorienreduzierten Kuchen, Kaugummis, Bonbons und sogar Zahnpasta sowie Mundwasser beigemischt. Nach dem Essen steigt beim Menschen der Insulinspiegel nur wenig, deshalb ist Xylitol für die Ernährung des Menschen so wertvoll. Für Hunde ist es insofern gefährlich, weil es dafür sogar, dass im Körper Insulin schnell ausgeschüttet wird, während gleichzeitig der Gehalt von Glukose im Blut rapide sinkt. Der Körper unterzuckert stark und versucht, dem Absinken des Blutzuckerspiegels durch eine Reihe von Reaktionen entgegenzuwirken. In schweren Fällen kommt es durch Unterzuckerung zu einem Schock. Selten kann es auch zu einer Überzuckerung kommen, wenn der Körper durch die Gegensteuerung massiv Glukose freisetzt. Ausserdem senkt Xylitol die Neubildung von Glukose. Das wiederum ist gefährlich für die Gehirnzellen, das Nervensystem, die roten Blutkörperchen und das Nierenmark. Sie haben keine anderen Stoffwechselwege (wie Fettstoffwechsel oder Energiegewinnung durch Abbau von Eiweissen) und brauchen die Energie aus Glukose, das in der Leber hergestellt wird, damit sie nicht verhungern. Werden die Leberzellen geschädigt, erschöpfen sich in der Folge die Phosphat-Reserven, sodass lebenswichtige Zellfunktionen ausfallen.

Von Hund zu Hund unterschiedlich

Ab einer Aufnahme von Milligramm (mg) Xylitol pro Kilogramm Körpergewicht ist eine sogenannte Dekontamination empfehlenswert. Das heisst, dass beim Hund Erbrechen ausgelöst und Aktivkohle verabreicht wird, um die Menge des Giftstoffs im Körper zu reduzieren. Schon 100 mg Xylitol pro Kilogramm Körpergewicht können beim Hund den Blutzuckerspiegel stark senken. Das Herz rast. Der betroffene Vierläufer zeigt sich schwach und zittert. Dies kann soweit führen, dass er taumelt und nicht mehr gehen und stehen kann, apathisch auf der Seite liegt. Bereits 500 mg Xylitol pro Kilogramm Körpergewicht können ein akutes Leerversagen auslösen. Die Haut und Schleimhäute verfärben sich gelblich, der Vierläufer kann erbrechen und Durchfall haben, unter epileptischen Anfällen leiden oder ins Koma fallen. Wie schwer die Leber geschädigt wird, ist jedoch weniger von der Dosis abhängig als vielmehr von Hund zu Hund unterschiedlich. Nicht bei allen Vierläufern, die diese Menge aufgenommen haben, versagt die Leber.

Da solche Symptome auch vorkommen können, wenn bei Diabetikern Insulin falsch verabreicht wurde oder ein Bauchspeicheldrüsentumor Insulin produziert, müssen diese Alternativen unbedingt ausgeschlossen werden. Bei Junghunden kann es zum Beispiel sein, dass die Konzentration an Glukose im Blut zu niedrig ist, wenn sie länger als etwa einen Tag nicht gefressen haben (Welpen-Hypoglykämie).

Schnell handeln

Hat der Hund vom Diät-Kuchen genascht oder Zahnpflegekaugummis gefressen, muss er sofort zum Tierarzt. Am besten kontaktiert man die Praxis schon von unterwegs, damit sichergestellt ist, dass sie besetzt ist und der Vierläufer als akuter Notfall erst versorgt werden kann. Meist zeigen sich innerhalb weniger Minuten Koordinationsstörungen oder Krampfanfälle. Der Hund übergibt sich und wirkt apathisch. Fällt er zuhause ins Komma, kann man Traubenzucker in Wasser auflösen und die Lösung auf die Maulschleimhaut tropfen. Ist der Hund noch fit, löst der Tierarzt ein Erbrechen aus, damit er möglichst viel vom aufgenommenen Zuckeraustauschstoff ausscheidet.

Diese Massnahme ist jedoch umstritten, weil Xylit zum Grossteil über die Schleimhaut aufgenommen wird und darum bereits im Kreislauf ist, wenn die Nahrung im Magen des Hundes ankommt. Gleichwohl ist die Massnahme immer dann sinnvoll, wenn der Hund es beispielsweise in einem grossen Brocken oder mit Kaugummis wenig zerbissen herunterschluckt und der Grossteil des Xylitols noch gebunden ist. Liegt es länger als zwei Stunden zurück, dass der Hund Xylitol gefressen hat, kann man dem wachen und im Allgemeinbefinden ungestörten Hund Aktivkohle verabreichen und eine Traubenzucker-Elektrolytlösung-Infusion legen. Die positive Wirkung von Aktivkohle ist jedoch fraglich. Auf jeden Fall müssen der Patient und dessen Blutzuckerspiegel für mindestens zwölf Stunden engmaschig überwacht werden. Das kann in schweren fällen volle drei tage dauern. In diesem Zuge werden auch die Leberwerte kontrolliert und bei bedarf oder zur Unterstützung des Leberstoffwechsels Leberschutzkomplexlösung verabreicht. Die Kalium- und Phosphor-Blutserumwerte müssen ebenfalls überwacht und falls nötig dem Hund über Infusionen ergänzt werden.

Je nach aufgenommener Menge und Konstitution des Patienten werden auch Thrombozytenzahl, Erytrozytenzahl und die Blutgerinnungszeit überprüft und bei Bedarf Frischblutkonserven, Plasma oder Vollblut transfundiert.

Hat der Hund mehr als 500 mg Xylitol pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen, endet dies meist tödlich. Es ist wahrscheinlich, dass die Leber akut und parallel die Niere versagen, die Blutgerinnung gestört und das Gehirn geschädigt wird. Es kommt zu starken inneren Blutungen, die nicht behandelt werden können, sodass der Vierläufer verblutet.  

Achtung Mundwasser

Es gibt im Handel inzwischen verschiedene Anti-Plaque-Lösungen, die dem Trinkwasser von Hund und Katze zugeführt werden. Beim schöpfen nimmt der Vierläufer dann das spezielle Mundwasser, das Xylit enthält, mit auf. Dadurch wird die Vermehrung geruchsbildender Bakterien gehemmt und durch die Bindungen von Kalzium und Phosphat-Ionen die Zahnsteinbildung verringert werden soll.

Die positive Wirkung auf die Maulhygiene bleibt unbestritten, sofern denn der Hund das Mundwasser tatsächlich trinkt. Jedoch ist das Verabreichen von Xylitol, auch wenn die Gebrauchslösung stark verdünnt ist und somit keine akuten Vergiftungserscheinungen auftreten, bei der Langzeitgabe höchst fragwürdig. Vor allem alte Hunde, die eher mit Zahnstein und Maulgeruch zu tun haben, sind gefährdet, da die Senioren oft eine eingeschränkte Lebensfunktion haben. Überdies ist es ohnehin problematisch, wenn alte Hunde weniger Wasser aufnehmen. Schmeckt ihnen zusätzlich das Mundwasser-Wasser nicht (und haben sie keine Alternative), werden sie nur das Nötigste trinken. Dann aber lagern sich die Chelate besonders leicht in den Nieren ab und verursachen dort Probleme. Der zweite Hauptbestandteil des Mundwassers ist Chlorhexidin. Menschen werden schriftlich vor dem verschlucken gewarnt. Hunde können nicht lesen und müssen es schlucken, wenn sie keine Alternative haben. Gut wird es in ihrem Stoffwechsel deshalb trotzdem nicht sein.

 

·       Hat der Hund zu viel Birkenzucker aufgenommen, wird er schwach, liegt apathisch auf der Seite und kann ins Koma fallen.

·       Erbrechen und Durchfall sind Symptome einer Xylit-Vergiftung.

·       Der Ersatzzucker kann beim Hund akutes Lederversagen verursachen. Gelb gefärbte Schleimhäute weisen darauf hin.

·       Bei verdacht auf eine Xylit-Vergiftung muss der Vierläufer unverzüglich zum Veterinär und als Notfall behandelt werden. Dann zählt jede Minute.

·       Fällt der Hund zu Hause ins Koma, ist es empfehlenswert, in Wasser aufgelösten Traubenzucker auf die Schleimhäute zu träufeln.

·       Der Vierläufer muss nach der Infusion noch ein bis drei Tage zur Überwachung beim Tierarzt bleiben.


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